Die portugiesische Algarve landet jedes Jahr weit oben auf den Toplisten der besten Gegenden für den Ruhestand. Kein Wunder, hier scheint 300 Tage im Jahr die Sonne - und eure Renten werden nicht besteuert.
Mehr als 23.000 deutsche Rentner verbringen ihren Ruhestand im tiefsten Süden Portugals. An die Algarve hat sie aber nicht nur Strand und Sonnenschein gelockt, sondern vor allem auch finanzielle Anreize. So stellt Portugal wohlhabenden Expatriats ihr Ruhegehalt für zehn Jahre steuerfrei, wenn sie ins Land ziehen. Die Bedingungen dafür sind gering.
Deutschland tritt seine Steuerrechte an Portugal ab
Wer bisher nicht in dem Land gewohnt hat, kann sich für einen "nicht-gewöhnlichen Aufenthaltsstatus" bewerben. Dazu müsst ihr einfach nur nachweisen, dass ihr entweder bereits seit einem halben Jahr (183 Tagen) eine Wohnung in Portugal habt oder glaubhaft versichern können, dass ihr in Zukunft mindestens so lange pro Jahr dort verbringen werdet - etwa über einen Mietvertrag.
Das war es dann auch schon. Portugal stellt eure Renten dann für zehn Jahre lang komplett steuerfrei. Effektiv bedeutet das für euch mehr Geld: Wer etwa 2.000 Euro Rente im Monat erhält, spart sich im Jahr 1.372 Euro Einkommensteuer - oder hat 7,5 Prozent mehr im Portemonnaie.
Gezahlt wird die Rente dabei immer noch von der deutschen Rentenversicherung. Sie wird auch nicht gekürzt, weil Portugal etwa geringere Lebenshaltungskosten hätte. Da mit dem EU-Land ein Abkommen gegen Doppelbesteuerung existiert, hat Deutschland seine Rechte zur Einziehung von Steuern an Portugal abgetreten - und das kann eben beschließen, diese Steuerzahlungen auszusetzen.
Kritik am steuerfreien Seniorenleben
Das macht das Land attraktiv für ausländische Rentner. Neben Deutschland kommen viele auch aus Skandinavien. Und da regt sich jetzt auch Widerstand: Finnland etwa denkt darüber nach, sein Doppelsteuerabkommen mit Portugal zu kündigen. Das liegt nicht daran, dass der Staat seinen Rentnern die Steuerfreiheit nicht gönnen würde - sondern, dass er sie als unfair betrachtet.
Denn in Skandinavien gilt wie in Deutschland das Prinzip, nachdem Zahlungen für die Altersvorsorge während des Arbeitslebens steuerfrei sind, dafür aber die Renten dann besteuert werden. Weichen Rentner dem aus, in dem sie in ein Land ziehen, in dem Renten steuerbefreit sind, zahlen sie weder für ihre Ein- noch für ihre Auszahlungen. "Es geht hier um Gerechtigkeit für alle Rentner, die aus unserem System Geld bekommen", sagt der finnische Finanzminister Petteri Orpo zuletzt gegenüber der Finanznachrichtenagentur Bloomberg.
Auch in Portugal selbst regt sich Widerstand gegen das Programm. Denn Portugal befreit nicht nur Rentner von Steuern. Um hoch gebildete ausländische Fachkräfte ins Land zu locken, gibt es auch Steuernachlässe für noch arbeitende Expatriats. Sie zahlen eine pauschale Einkommensteuer von 20 Prozent auf ihr Einkommen, wenn sie nach Portugal ziehen und "hochwertige wissenschaftliche, künstlerische oder technische Aktivitäten" ausüben. Dazu zählen etwa Ärzte, Architekten, Ingenieure, Lehrer, Schauspieler, Musiker, Manager, Investoren und Psychologen.
Ausländische Rentner lassen Häuserpreise explodieren
Doch wenn gerade diese gut bezahlten Arbeiter weniger Steuern zahlen, dann müssen andere einspringen, um dem Staat dieselben Steuereinnahmen wie zuvor zu generieren. Nach einem Bericht des "Public Finance Council" hat die Steuerlast für Portugiesen 2017 den höchsten Wert seit 22 Jahren erreicht - wenngleich das gegenüber Deutschland immer noch vergleichsweise gering ist.
Wenn viele reiche Ausländer nach Portugal ziehen, ziehen damit auch die Hauspreise an. Laut OECD stieg der durchschnittliche Immobilienpreis in den vergangenen vier Jahren um rund 21 Prozent. Allein 2017 ging es laut Eurostat um 10,5 Prozent im Schnitt nach oben. Das lässt auch die Mieten steigen.
Für Deutschland sind die Zahlungen an seine sich an der Algarve sonnenden Rentner übrigens verkraftbar. Rund 24.000 Senioren lebten dort 2016, sie bezogen laut Rentenversicherung im Schnitt 500 Euro im Monat. Rund ein Viertel beziehen zudem Witwen-Renten, die im Schnitt sogar nur bei rund 300 Euro im Monat liegen. Wie viele der dort lebenden Rentner sich für einen „nicht-gewöhnlichen Aufenthaltsstatus" entschieden haben, ist nicht bekannt. Aber nur rund die Hälfte hat Portugal als seinen ersten Wohnsitz gemeldet.
Von Christoph Sackmann
